„Endlich kann ich lesen!“ - Die Bibel in Kambodscha
Seit 2003 bietet die Bibelgesellschaft in Kambodscha Alphabetisierungskurse an - jedes Jahr werden circa 300 Kurse mit 3.000 Absolventen durchgeführt. Sie schult Kursleiter, die das Programm in ihren Gemeinden umsetzen und stellt die Lehrbücher zur Verfügung.

Tobias Keil/DBG
Pastor Kang Seiha wohnt mit seiner Frau und seinen drei Söhnen in einem typischen Stelzenhaus. Als wir dort aussteigen, sitzen elf Kinder im Alter von 7 bis 13 Jahren auf Plastikstühlen im Kreis, ihre Arbeitshefte auf dem Schoß. Die Kinder folgen den Anweisungen aus einem Abspielgerät. Mit Geschichten aus der Bibel lernen sie, selbstständig zu lesen. Pastor Kang begleitet jeden Arbeitsschritt. Alle Kinder besuchen auch die Dorfschule, doch die Klassen sind groß und oft fällt der Unterricht aus. Der Lese- und Schreiblernkurs mit Materialien der Bibelgesellschaft ist eine große Hilfe für die Kinder.

Tobias keil/DBG
Stolz zeigen die Teilnehmenden am Lese- und Schreiblernkurs in Ou Ya Dav vor ihrer Kirche ihre Zeugnisse.
Gottes Wort kommt in ein Dorf
Ban Chan erzählt: „Mein Ehemann und ich sind aus der Stadt in ein Dorf gezogen. Hier betreiben wir zusätzlich zum Ackerbau einen kleinen Dorfladen. Unsere Tochter besucht zwar eine Schule, doch die ist nicht gut. Wir haben durch unseren Pastor von den Lese- und Schreiblernkursen erfahren. Da in unserem Dorf viele Kinder und ihre Eltern Analphabeten sind, haben wir beschlossen, diesen Kurs anzubieten. Nach einer Schulung durch die Bibelgesellschaft unterrichte ich nun eine Kindergruppe. Durch die Kurse beginnen viele Familien, sich auch für unsere Gottesdienste zu interessieren.“
In Ou Ya Dav in der nordwestlichen Provinz Ratanakiri werden seit 2018 Alphabetisierungskurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene angeboten. Ropouy Pros, einer der beiden Kursleiter, erzählt: „Viele beginnen wirklich bei null. Das Besondere an diesem Programm ist, dass es nicht nur Bildung vermittelt, sondern auch biblische Inhalte. Nicht alle Teilnehmenden sind Christen, doch sie nehmen unsere Einladung zum Kurs dankbar an.“ Heute ist der Kursabschluss, alle erhalten ein Zeugnis. Die zweifache Mutter Poh You meint: „Endlich kann ich lesen und schreiben. Als ich klein war, musste ich meiner Mutter auf dem Feld helfen; daher bin ich selbst nicht zur Schule gegangen. Ich kann nun auch meinen Kindern beim Lernen helfen. Auch mein Mann hat sich entschlossen, in den Kurs zu kommen.“

Tobias Keil/DBG
„Ich bin in der 6. Klasse und kann sehr gut lesen. Ich komme hierher, weil ich den anderen Kindern helfen möchte. Außerdem möchte ich mehr über Gott erfahren.“ Der 13-jährige Pich Bun Sena erzählt, warum er zum Kurs kommt.
„Ich will auch lesen können!“
Da etwa ein Fünftel der Bevölkerung in Kambodscha weder lesen noch schreiben kann, sind die Alphabetisierungskurse der Bibelgesellschaft sehr geschätzt. Die 14-jährige Thong Srey Rath besucht zwar die Schule, kann aber nicht richtig lesen. Sie ist dankbar für den Kurs in ihrer Gemeinde: „Mit meinen zwei jüngeren Geschwistern wachse ich bei unseren Großeltern auf. Da ich meiner Großmutter helfen muss, kann ich nicht regelmäßig zur Schule gehen. Mittlerweile kann ich einfache Wörter und Sätze lesen, auch wenn es noch schwierig ist.“
Drei Monate Kurs
Die Gruppen mit zehn bis zwölf Teilnehmenden treffen sich drei Monate hindurch zweimal in der Woche für circa eineinhalb Stunden, um anhand von biblischen Geschichten lesen und schreiben zu lernen. In dem Paket mit dem Kursmaterial ist das Lehrbuch enthalten, dazu ein Heft und ein Bleistift sowie zwei Büchlein mit illustrierten biblischen Geschichten: Jesu Geburt und seine Auferstehung. Im ersten Kurs liegt der Schwerpunkt zu 90 Prozent auf dem Lesen, zu je 5 Prozent wird Schreiben und auch Rechnen geübt. Er beginnt mit der Schöpfungsgeschichte und einfachen Bezeichnungen für Tiere und Pflanzen, die alle aus ihrem Alltag kennen. Die 30-jährige Chem Lai hat vier Kinder. Ihre Familie lebt von der Landwirtschaft. Als einzige Erwachsene ist sie beim Alphabetisierungskurs in der Kindergruppe dabei. „Ich will auch lesen können. Meine Lieblingsgeschichte in der Bibel ist die von Abraham. Manchmal müssen wir im Glauben aufbrechen.“
Silke Gabrisch/Jutta Henner